Kriminalgeschichte
Sex & Crime
Sex & Crime im Allensteiner Offiziers-Casino von 1907
In seinem erfrischend humorvoll geschriebenen Büchlein über die „Entdeckung Ostpreußens“ hielt der Schriftsteller, Maler und Grafiker Robert Budzinski (geboren am 5. April1874 in Klein Schläfken im Kreis Neidenburg, gestorben am 27. Februar1955 in Marburg) über die ostpreußische Stadt Allenstein fest: „Die Hauptstadt des Südens und zugleich Rivalin Königsbergs ist Allenstein. Zwar hat Königsberg seinen Kant, aber Allenstein hat seinen Worgitzky, dazu noch einen hochberühmten Mord und ein prächtiges Theater.“
Max Worgitzky war wie Budzinski Schriftsteller. Er engagierte sich, als der kauzige Budzinski ihn - voller Hintersinn und nicht ohne Hohn – auf eine Stufe mit Kant stellte, als Leiter der Allensteiner Abteilung des Ostpreußischen Heimatdienstes. Worgitzky war nach dem Ersten Weltkrieg eine Zeit lang politisch aktiv und wehrte sich vor allem gegen eine Eingliederung von Gebieten in die neugegründete Zweite Polnische Republik. Seine politische Tätigkeit gab er nach der für Deutschland und Ostpreußen erfolgreichen Volksabstimmung bald auf und kümmerte sich bis zu seinem Tod im Jahr 1937 vor allem um das von ihm geförderte Theater in Allenstein. Worgitzky wurde schnell vergessen, nicht hingegen der von Budzinski angesprochene „hochberühmte Mord“, der noch lange Zeit die Gemüter in aller Welt bewegte.
Dieser Mord trug sich am 2. Weihnachtstag des Jahres 1907 im damaligen Allensteiner Offizierscasino zu. Vor allem die drei Beteiligten und ihre gesellschaftliche Stellung waren der Grund, weshalb diese Allensteiner Sex & Crime-Geschichte noch nach Jahrzehnten durch die Gazetten geisterte:
Da war zunächst das Mordopfer, der in Allenstein stationierte Major August von Schoenebeck, der als Stabsoffizier beim Ostpreußischen Dragoner-Regiment Nr. 10 Dienst tat. Dessen Ehefrau, Antonie von Schoenebeck, geboren 1876 in Görlitz als Antonie Lüders, die vielfach als besonders attraktiv geschildert wurde, fühlte sich von ihrem Gatten vernachlässigt und wandte sich etlichen anderen Liebschaften zu. Unter ihnen war der spätere Mörder, der damals 37-jährige Hauptmann Hugo von Goeben, Er, Sohn eines Gutsbesitzers, wurde im Dezember 1906 als Chef der 3. Batterie zum Masurischen Feldartillerie-Regiment Nr. 73 in die Garnisonsstadt Allenstein versetzt. Und dort begann das Drama, über das seither ungezählte Artikel, Geschichten, sogar Romane und auch Filme verfasst wurden:
Die flotte Antonie von Schönebeck begann auch mit von Goeben ein Verhältnis. Dabei täuschte sie dem leichtgläubigen Hauptmann vor, unter der angeblichen Rohheit ihres Mannes zu leiden. Der Hauptmann verliebte sich in sie und wollte ihr aus ihrer vermeintlich unerträglichen Lage helfen. Ein Kopfschuss aus seiner Duellpistole setzte dem Leben des arglosen gehörnten Majors im Allensteiner Offizierskasino ein jähes Ende.
Wenige Tage später, am 31. Dezember 1907, gestand der Mörder die Tat. Aufgrund begründeter Zweifel an seiner Zurechnungsfähigkeit wurde er zunächst in der nahegelegenen Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Kortau und danach in einem Militärkrankenhaus untersucht. In Verhören bestritt er anfangs eine Mitwisserschaft, Anstiftung oder Beihilfe durch seine Geliebte; später belastete er sie. Zwei Wochen vor dem Beginn des Prozesses gegen ihn, am 2. März 1908 beging von Goeben im Militärgefängnis Suizid, indem er sich mit einem stumpfen Messer, das ihm zum Abendessen gegeben worden war, den Hals aufschnitt.
Der Prozess gegen Antonie von Schoenebeck wegen Beihilfe und Anstiftung zum Mord zog sich hin und gab den Medien immer weiteren Stoff zur Berichterstattung. Noch vor Abschluss des Verfahrens gegen sie heiratete die listige Witwe den Schriftsteller Alexander Otto Weber. Am 22. Verhandlungstag wurde der Prozess im Jahr 1910 wegen Verhandlungsunfähigkeit der Angeklagten vorläufig eingestellt und später nicht mehr aufgenommen. Antonie von Schoenebeck-Weber heiratete später Webers Bruder Fritz, einen Bankier. Sie starb 1931 in Rapallo. (unter Verwendung von Material aus Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Allenstein-Aff%C3%A4re v. 10.9.2021 -12.00 Uhr)
Lebensmittel-Schmuggel unter Lebensgefahr
Die Grenze zu seinen polnischen Nachbarn im Süden Ostpreußens wurde lange Zeit genutzt, um Handelswaren aller Art auch auf unkonventionelle Art zwischen deutschen und polnischen Händlern zu tauschen. Schmuggel spielte im Wirtschaftsleben an dieser Grenze immer wieder eine Rolle. Auch im Kreis Ortelsburg wurden deshalb die Zollbehörden nach und nach verstärkt. In Rohrdorf gab es eine Zollstation, denn die deutsch-polnische Staatsgrenze verlief nur zwei Kilometer von diesem kleinen Ort entfernt. Für die Zollbeamten und deren Familien wurden 1930/37 zwei Zollhäuser gebaut. In der Nähe spielte sich 1936 ein Drama ab, von dem die Treuburger Zeitung in ihrer Ausgabe Nr. 75 vom 28. März 1936 berichtet:
Ein Schmuggler getötet
Od. Ortelsburg. In der Nacht versuchte eine Schmugglertruppe Gerste, Roggen und Fleisch bei Rohrdorf Kreis Ortelsburg über die Grenze nach Deutschland einzuschmuggeln. Den Zollbeamten gelang es, die Kolonne zu überraschen, die schleunigst kehrt machte und die Schmuggelwaren im Stich ließ. Durch Schüsse wurden zwei Schmuggler verletzt; der eine starb bald darauf, der andere wurde einem polnischen Krankenhaus zugeführt.
Heute existiert Rohrdorf, das bis 1877 Trzianken hieß, nicht mehr. Eine Besonderheit im Dorf waren die drei "Rohrdorfer Eichen". Der stärkste dieser gewaltigen Bäume hatte einen Umfang von mehr als acht Metern. Es wurde erzählt, dass der Burggraf Georg von Blumenstein unter einer der Eichen begraben sei (http://www.kreis-ortelsburg.info/120/rohrdorf.htm).